Nieren und Harnwege


Erkrankungen der Nieren und Harnleiter

Glomerulonephritis

Glomerulonephritis (GN, Nierenkörperchenentzündung): Schwere, akute oder chronische Entzündung der Nierenkörperchen beider Nieren, oft mit unbekanntem Auslöser. Manchmal ist eine Glomerulonephritis die Spätfolge einer bakteriellen Entzündung wie Scharlach oder Mittelohrentzündung, manchmal ist sie Bestandteil einer schweren rheumatologischen Erkrankung.

Behandelt wird abhängig von der Ursache vor allem mit Diät, Salz- und Flüssigkeitskontrollen sowie Medikamenten, in schweren Fällen auch mit einer Blutwäsche. Betroffene Kinder haben sehr gute Heilungschancen, die Hälfte der erwachsenen Patienten behält hingegen einen Nierenschaden zurück, der lebenslang kontrollbedürftig ist.

Eine Glomerulonephritis betrifft immer beide Nieren. Darin liegt auch die Gefahr bei dieser Erkrankung, denn nicht selten führt die Glomerulonephritis zum chronischen Nierenversagen.

Symptome und Leitbeschwerden

Akute Form:

  • Ödeme (Wassereinlagerungen), vor allem im Gesicht
  • Krankheitsgefühl mit Müdigkeit, Kopfschmerzen und Fieber
  • Blut im Urin (Urin sieht aus wie Cola oder Eistee) oder schaumiger Urin
  • Schmerzen im Rückenbereich, etwas oberhalb der Taille oder der Lendenregion
  • Erhöhter Blutdruck.

Chronische Form:

  • Appetitlosigkeit und Mundgeruch
  • Übelkeit
  • Juckreiz.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • nachlassendem Appetit und häufigerer Übelkeit oder
  • starkem Juckreiz am ganzen Körper.

Heute noch, wenn

  • morgens nach dem Aufwachen das Gesicht geschwollen ist
  • Blut im Urin ist
  • kurz nach einer Infektionskrankheit wieder Fieber auftritt
  • starke Schmerzen in der Nierengegend auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Glomerulonephritiden, die in primäre und sekundäre Formen eingeteilt werden. Die primären Formen entwickeln sich direkt an den Nierenkörperchen, die sekundären Formen entstehen im Rahmen einer anderen Grunderkrankung wie z. B. dem Lupus erythematodes oder dem Goodpasture-Syndrom. Allen gemeinsam ist jedoch, dass bei ihrer Entstehung das Immunsystem beteiligt ist.

So patrouillieren z. B. ständig Abwehrzellen des Immunsystems im Blut, um Krankheitserreger zu identifizieren und die Bildung von Antikörpern (körpereigenen Abwehrstoffen) einzuleiten. Mit dem Blutstrom werden Antikörper oder Antigen-Antikörper-Komplexe auch in die Nieren geschwemmt, wo sie sich bei einer Glomerulonephritis in den Nierenkörperchen festsetzen und dadurch eine Entzündung auslösen.

Im Einzelnen kommt es zu einer Glomerulonephritis, wenn

  • sich Bestandteile von Bakterien mit Antikörpern zusammenballen und Antigen-Antikörper-Komplexe bilden (Immunkomplexnephritis).
  • das Immunsystem die Antikörper nicht gegen die Antigene von Bakterien und Viren, sondern überschießend gegen Bestandteile der Membranen der Nierenkörperchen (Autoantikörper) produziert, z. B. im Rahmen einer Antibasalmembran-Glomerulonephritis, membranösen Glomerulonephritis.
  • sich die Nierenkörperchen aus unbekanntem Grund entzünden (idiopathische Glomerulonephritis).

Abgesehen von diesen drei Formen gibt es viele weitere Unterformen der Glomerulonephritis.

Einteilung

In der Praxis hat es sich bewährt, die Einteilung nach den Beschwerden und dem Verlauf vorzunehmen, sodass zwischen akuten und chronischen Formen unterschieden wird.

Akute Glomerulonephritis: Häufig handelt es sich hierbei um eine Immunkomplexnephritis, die im Rahmen einer Infektion mit Bakterien auftritt, genauer gesagt mit Streptokokken der Gruppe A, die auch Scharlach oder Mittelohrentzündungen auslösen. Nach überstandener Infektion kommt es wenige Wochen später zu einer akuten Glomerulonephritis, weshalb diese Form Poststreptokokken-Glomerulonephritis genannt wird.

Eine seltene, jedoch besonders aggressive Form der akuten Glomerulonephritis ist die rasch progrediente Glomerulonephritis. Sie betrifft vor allem Menschen mit rheumatologischen Erkrankungen und führt innerhalb weniger Monate zum Nierenversagen.

Chronische Glomerulonephritis: Sie entwickelt sich schleichend über viele Jahre und bleibt deshalb lange unentdeckt, da die Ursachen nur selten offensichtlich sind und auch nur in Ausnahmefällen zuerst ein akutes Stadium auftritt. Die Patienten haben lange nur milde und allgemeine Beschwerden. Wenn überhaupt, wird die Diagnose meist per Zufall gestellt, z. B. wenn der Arzt bei einer Routineuntersuchung geringe Mengen Blut oder Eiweiß im Urin entdeckt. Die chronische Glomerulonephritis ist nicht heilbar und führt im Allgemeinen zur Dialysepflicht.

Diagnosesicherung

Da die akute Glomerulonephritis relativ typische Beschwerden verursacht, wird die Krankheit oft früh entdeckt. Im Urin der Patienten lassen sich immer Eiweiße und kleine Mengen Blut feststellen. Blutuntersuchungen zeigen eine überwundene Streptokokkeninfektion oder eine rheumatologische Erkrankung an. Unerlässlich ist die Nierenbiopsie, zumindest bei größeren Eiweißverlusten über 2000 mg pro Tag (Makroalbuminurie) und hohen Kreatininwerten.

Die chronische Glomerulonephritis wird vielfach bei einer Routinekontrolle des Urins diagnostiziert. Wie bei der akuten Form finden sich auch bei der chronischen Glomerulonephritis Eiweiße und kleine Mengen Blut im Urin. Zusätzlich misst der Arzt den Blutdruck.

Differenzialdiagnosen. Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden wie die Glomerulonephritiden aufweisen. Akute Schmerzen im Flankenbereich finden sich z. B. bei Nierenbeckenentzündung und Nierensteinen. Eiweiß im Urin kommt bei der diabetische Nierenschädigung, bei Blutkrebs oder der Nephrosklerose vor. Für Blut im Urin sind u.a. Entzündungen von Blase oder Niere, Nierensteine sowie Tumoren wie Harnblasenkrebs oder Nierenkrebs verantwortlich.

Behandlung

Für alle Formen der Glomerulonephritis sind mehr oder weniger die gleichen Behandlungsmaßnahmen angezeigt. Dazu gehören:

  • Körperliche Schonung, um die Heilungsprozesse zu fördern
  • Eiweißarme Kost, um die Niere zu entlasten und die Eiweißausscheidung zu vermindern
  • Bei Ödemen: salzarme Diät und eventuell entwässernde Medikamente (Diuretika), um die Flüssigkeit auszuschwemmen
  • Bei Bluthochdruck: bluthochdrucksenkende Medikamente, bei chronischer Glomerulonephritis sind Blutdruckwerte unter 130/80 mmHg anzustreben
  • Bei hohen Eiweißverlusten: ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten
  • Nikotinabstinenz. Rauchen ist ein Risikofaktor für die Entwicklung der Glomerulonephritis.

Je nach Ursache kommen spezielle Therapien hinzu:

  • Bei einer Infektion mit Streptokokken: das Antibiotikum Penizillin oder ein Cephalosporin, bei anderen bakteriellen Erregern entsprechende Antibiotika
  • Bei einer rheumatischen Erkrankung: Intensivierung der Therapie der rheumatischen Erkrankung, z. B. durch Kortison oder durch Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken wie z. B. Cyclophosphamid
  • Bei der rasch progredienten Glomerulonephritis evtl. auch Plasmapherese zur Entfernung von Antikörpern und Autoimmunkomplexen
  • Bei deutlich sinkender Ausscheidung: Dialyse, evtl. Nierentransplantation

Prognose

Gute Aussichten haben Patienten mit einer akuten Poststreptokokken-Glomerulonephritis, da diese Form, rechtzeitig therapiert, bei über 90 % der Kinder und bei 50–75 % der Erwachsenen vollständig ausheilt.

Die Aussichten der rasch progredienten Glomerulonephritis hängen stark vom Zeitpunkt der Diagnose und der Therapie ab. In 40 % der Fälle ist die spätere Dialysepflicht nicht zu verhindern.

Die chronische Glomerulonephritis, z. B. bei rheumatischen Erkrankungen, hat eine schlechte Prognose. Die meisten Patienten müssen sich innerhalb weniger Jahre mit der Dialyse abfinden.

Weiterführende Informationen

  • www.bundesverband-niere.de - Website des Bundesverbandes Niere mit bundesweiten Adressen von Selbsthilfegruppen, einer gebührenfreien Hotline für Fragen rund um die Niere und andere Unterstützung und Informationen für chronisch Nierenkranke.

Nephroblastom

Nephroblastom (Wilms-Tumor): Bösartiger Tumor der Niere, der im Kleinkindalter meist zwischen dem 1. und 4. Lebensjahr auftritt. Das Nephroblastom ist einer der häufigeren bösartigen Tumoren im Kindesalter, bei Erwachsenen ist er dagegen äußerst selten. Kennzeichnend ist eine schmerzlose Vorwölbung der Bauchdecke, durch die der Tumor tastbar ist. Die Prognose ist sehr gut, solange sich noch keine Metastasen gebildet haben. Mit Chemotherapie, Operation und Bestrahlung können die Ärzte 90 % der betroffenen Kinder heilen. Unbehandelt hingegen ist der Tumor immer tödlich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Häufig ohne Beschwerden
  • Zunahme des Bauchumfangs, Völlegefühl
  • Müdigkeit, Fieber
  • Selten: Schmerzen, Blut im Urin, erhöhter Blutdruck.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • oben genannten Beschwerden.

Die Erkrankung

Entstehung und Ursachen

Das Nephroblastom ist der häufigste bösartige Nierentumor im Kindesalter. Er entsteht aus Resten von unreifem Nierengewebe, wie genau, ist noch unklar. Beteiligt sind auf jeden Fall verschiedene Mutationen im Bereich von Genen, die wachstumshemmende Funktionen in der Zelle wahrnehmen. So führen z. B. der Funktionsverlust der Tumor-Suppressor-Gene 1 und 2 oder p53-Mutationen zur Entstehung eines Nephroblastoms.

Das Nephroblastom tritt zudem häufig gemeinsam mit anderen Syndromen oder Fehlbildungen auf, wie z. B. einer Aniridie (Fehlen der Iris) oder beim Beckwith-Wiedemann-Syndrom.

Klassifikation

Nierentumoren im Kindesalter werden nach ihrer feingeweblichen Struktur in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt. Das gilt auch für das Nephroblastom. So gehört z. B. das Nephropblastom vom epithelialen Typ in die Standardrisikogruppe, das Nephroblastom mit diffuser Anaplasie (hier sind die eigentlichen Nierenzellen kaum noch als solche erkennbar) in die Hoch-Risiko-Gruppe. Die Gruppenzugehörigkeit ist vor allem für die Chemotherapie von Bedeutung.

Verlauf

Die Betroffenen haben häufig keinerlei Beschwerden. Das ist auch der Grund, weshalb etwa 10 % der Tumoren bei der Diagnose bereits Metastasen gebildet haben, und zwar vor allem in Lunge, Leber, Knochen und Gehirn.

Diagnosesicherung

Etwa 10 % der Nephroblastome werden im Rahmen der kindlichen Vorsorgeuntersuchungen U3 bis U7 entdeckt. In anderen Fällen ist Müdigkeit ohne eine tastbare Vorwölbung im Bauch der Grund, warum die Eltern mit dem Kind einen Arzt aufsuchen. Dort kann der Arzt bei der körperlichen Untersuchung des Kindes den Tumor meist gut tasten. Weitere mögliche Befunde sind erhöhte Blutdruckwerte und Blut im Urin. Typische Labormarker gibt es beim Nephroblastom nicht, allerdings lässt der Arzt den 24-Stunden-Sammelurin auf bestimmte Botenstoffe, nämlich Katecholamine, testen, um ein Neuroblastom auszuschließen.

Bildgebende Verfahren zur Diagnose sind

  • Ultraschall
  • Dopplersonografie, um das Einwachsen in Nierenvene oder Hohlvene auszuschließen
  • MRT oder CT mit Kontrastmittel zur Bestimmung von Tumorgröße, Ausdehnung, Ausbreitung im Bauchraum
  • CT oder Röntgen des Brustkorbs zum Nachweis evtl. Lungenmetastasen
  • MRT Schädel bei Verdacht auf Hirnmetastasen

Weitere spezielle Untersuchungsverfahren sind z. B. die

  • Nierenszintigrafie (Darstellung des Nierengewebes nach dem Spritzen radioaktiv markierter Substanzen)
  • FDG-PET/CT (PET bzw. CT, bei der mit radioaktiv markierter Glukose der Tumor über seine Stoffwechselaktivität dargestellt wird)
  • Tumorbiopsie (CT-gesteuerte Feinnadelbiopsie).

Differenzialdiagnosen. Ähnliche Symptome und eine ähnliche Darstellung in den bildgebenden Verfahren zeigen das Neuroblastom und das Lymphom der Niere.

Behandlung

Die Behandlung des Nephroblastoms läuft in der Regel in 3 Stadien ab.

Präoperative Chemotherapie. Eine Chemotherapie vor der Operation verkleinert den Tumor und reduziert das Risiko, dass der Tumor während der Operation reißt oder nicht komplett entfernt wird. Verabreicht werden Vincristin und Actinomycin , bei Metastasen zusätzlich Doxorubicin über 4-6 Wochen.

Radikale Nephrektomie. Beim Nephroblastom entfernen die Ärzte die Niere immer komplett in einem Stück, d. h. en bloc. Sind beide Nieren betroffen, entfernen sie jedoch nur die betroffenen Teile (nierenerhaltende Operation), damit die Nierenfunktion nicht komplett zum Erliegen kommt.

Postoperative Radiochemotherapie. Je nach Risiko-Gruppe des Nephroblastoms verabreichen die Ärzte unterschiedliche Kombinationen aus Actinomycin D, Vincristin, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Carboplatin und Etoposid über bis zu 34 Wochen. Liegen Metastasen in Lymphknoten oder Organen vor, erfolgt zusätzlich eine Bestrahlung.

Prognose

Unbehandelt führt das Nephroblastom zum Tod. Behandelt ist die Prognose gut: Etwa 90 % der Patienten können geheilt werden.

Ihr Apotheker empfiehlt

Wenn Ihr Kind auffallend müde ist, Blut im Urin hat oder Sie eine Vorwölbung im Bauchbereich tasten, gehen Sie unverzüglich zum Arzt. Je früher ein Nephroblastom entdeckt wird, desto besser ist die Heilungschance.

Weiterführende Informationen

  • Das Deutsche Krebsforschungszentrum bietet auf seiner Website Informationen und Unterstützung für Kinder und Jugendliche mit Krebs und deren Familien: https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/weitere-tumorarten/krebs-bei-kindern.php

Nephrotisches Syndrom

Nephrotisches Syndrom: Kombination von Wassereinlagerungen, Verlust von Körpereiweiß mit dem Urin und Eiweißmangel im Blut aufgrund einer akuten oder chronischen Nierenschädigung. Auslöser sind verschiedene akute oder chronische (Nieren-)Krankheiten. Lässt sich die Ursache beseitigen, verschwindet meist auch das nephrotische Syndrom. Eine besonders gute Prognose haben Kinder, bei denen sich ein nephrotisches Syndrom aus einer Glomerulonephritis entwickelt hat. Schlechtere Aussichten haben Patienten mit einer Antibasalmembran-Glomerulonephritis sowie Diabetiker. Bei ihnen führt das nephrotische Syndrom nicht selten zum chronischen Nierenversagen mit Dialysepflicht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Ödeme, vor allem in Beinen (Knöchel), Armen und Gesicht (Augenlider)
  • Gewichtszunahme, bedingt durch die Wassereinlagerungen
  • Schaumiger Urin
  • Neigung zu Thrombosen (Blutgerinnseln)
  • Erhöhter Blutdruck
  • Infektanfälligkeit.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • Wassereinlagerungen in Armen, Beinen oder Gesicht
  • unerklärlicher Gewichtszunahme
  • schaumigem Urin.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Gesunde Nieren besitzen mit den Nierenkörperchen ein Filtersystem, das große Moleküle wie z. B. Eiweiße zurückhält und Wasser sowie kleinere Stoffe (z. B. Mineralien) durchlässt. Eiweiße verhalten sich in den Blutgefäßen wie ein Schwamm, der Wasser aufsaugt und bindet, und sorgen so dafür, dass der Wasserhaushalt von Blutgefäßen und Körpergewebe im Gleichgewicht bleibt. Beim nephrotischen Syndrom entstehen im Filtersystem der Niere "Lecks". Durch diese Lecks gehen große Mengen an Eiweiß über den Urin verloren. Diese Eiweiße sind es auch, die den Urin schaumig werden lassen. Infolge des starken Eiweißverlusts verlagert sich Flüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Körpergewebe, das zu Ödemen an Beinen, Armen und im Gesicht führt. Die Wassereinlagerungen machen sich oft als erstes an den Augenlidern bemerkbar, da das Bindegewebe am Auge besonders locker ist.

Weitere Folgen eines nephrotischen Syndroms entstehen durch den Verlust wichtiger Proteine über die Niere:

  • erhöhte Infektanfälligkeit durch den Mangel an Immunglobulinen
  • Thromboseneigung durch den vermehrten Verlust von Antithrombin-III
  • Hyperlipidämie mit einem erhöhten Anteil von Cholesterin und Triglyceriden durch den Verlust bestimmter Transportproteine
  • Knochenerweichung durch Verlust von Vitamin D.

Ursachen

In ~ 75 % der Fälle entsteht das nephrotische Syndrom infolge einer Glomerulonephritis. Andere Ursachen sind Langzeitschäden des Diabetes wie die diabetische Nephropathie, aber auch die Nephrosklerose und die Amyloidose.

Diagnosesicherung

Am einfachsten ist der Nachweis von Eiweiß im Urin mit einem Urin-Teststreifen. Zur genaueren Untersuchung zieht der Arzt verschiedene Urin- und Blutuntersuchungen heran:

  • Urinuntersuchungen
    • 24-Stunden-Sammelurin: Messung des ausgeschiedenen Gesamteiweiß (normal ist ein Wert unter 150 mg, beim nephrotischen Syndrom werden über 3000 mg/24 ausgeschieden)
    • Eiweißelektropherese: Prüfung der Zusammensetzung der Eiweiße im Urin. Größe und Art der Eiweiße geben dem Arzt Hinweise über einen Nierenschaden
    • Urinsediment: mikroskopische Untersuchung der festen Bestandteile des Urins auf Eiweiß und Fettkörperchen in Zylindern und Zellen
  • Blutuntersuchungen

  • Gesamteiweiß, Albumin, Immunglobuline, Antithrombin III
  • Eiweißelektrophorese mit Aufschlüsselung der Zusammensetzung verschiedener Eiweiße im Blut
  • Triglyceride, Cholesterin
  • Blutbild
  • Nierenwerte zur Prüfung der Nierenfunktion (Kreatinin, Cystatin)

Im Ultraschall erkennt der Arzt oft vergrößerte Nieren mit einem verdichteten Nierengewebe. In den meisten Fällen ist für die genaue Diagnose zudem eine Nierenbiopsie notwendig.

Behandlung

Grundsätzlich versucht der Arzt immer sowohl die Beschwerden als auch die zugrunde liegende Ursache des nephrotischen Syndroms zu beseitigen, damit die Nieren nicht dauerhaft geschädigt werden. Zur Behandlung der Ursachen zählen die optimale Einstellung eines Diabetes, die Bekämpfung einer Niereninfektion oder das Absetzen schädlicher Medikamente. Bei einer Autoimmunerkrankung kommt Kortison oder auch eine stärkere immunsuppressive Therapie mit Cyclophosphamid oder Ciclosporin zum Einsatz.

Allgemeine Therapiemaßnahmen:

  • Kochsalzarme Diät, aber keine Eiweißrestriktion. Die Eiweißzufuhr soll etwa 1 g Eiweiß/kg Körpergewicht täglich betragen.
  • Diuretika (Entwässerungsmittel) zum Ausschwemmen der Ödeme
  • Medikamente zur Senkung der erhöhten Blutfette, vor allem CSE-Hemmer (Statine)
  • ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten bei Bluthochdruck. ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten reduzieren zudem die vermehrte Proteinausscheidung.
  • Vitamin D-Präparate bei Vitamin-D-Mangel
  • Gerinnungshemmende Medikamente zur Thromboseprophylaxe.

Prognose

Die Prognose hängt von der ursächlichen Erkrankung ab. Die Minimal-Change Glomerulonephritis hat eine besonders gute Prognose, hier heilen über 90 % der Fälle mit Kortisongabe ab. Viele anderen Erkrankungen mit einem nephrotischen Syndrom führen auf lange Sicht zu einer Niereninsuffizienz mit Dialysepflicht.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Auf eine angemessene Eiweißzufuhr achten. Wenn Sie zu wenig Eiweiß zu sich nehmen, baut der Körper vermehrt Muskelmasse ab. Klären Sie mit Ihrem Arzt, wieviel Eiweiß täglich für Sie optimal ist. In der Regel werden 0,8 bis 1 g/kg Körpergewicht empfohlen.

Kochsalz reduzieren. Als Typ 2-Diabetiker sollten Sie Ihre Aufnahme von Kochsalz (Natriumchlorid) mit der Nahrung auf maximal 6 g täglich beschränken. Studien zufolge kann eine kochsalzarme Ernährung eine erhöhte Eiweißausscheidung über den Urin signifikant reduzieren und damit das Risiko für Nierenschäden verringern.

6 g Speisesalz entsprechen in etwa einem gestrichenen Teelöffel voll Salz. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt die Speisesalzzufuhr bei ca. 70 % der Frauen und bei ca. 80 % der Männer derzeit zu hoch. Der größte Teil wird über verarbeitete Lebensmittel und den Verzehr außer Haus zubereiteter Speisen zugeführt. Um den Salzkonsum zu reduzieren, sollte der Verzehr verarbeiteter Lebensmittel reduziert und der Verzehr unverarbeiteter Lebensmittel, wie Gemüse und Obst gesteigert werden. Es empfiehlt sich, bei der Speisenzubereitung mit weniger Salz, dafür mit reichlich Gewürzen und Kräutern zu würzen. Es fällt leichter, die Salzzufuhr zu verringern, wenn dies in kleinen Schritten passiert, damit man sich an den schwächeren Salzgeschmack gewöhnen kann.

Weiterführende Informationen

www.nephie.de - Die Website der Selbsthilfegruppe Nephie e. V. bietet Betroffenen mit Nephrotischem Syndrom und Familienmitgliedern Informationen, Termine zum Thema Nephrotisches Syndrom und Ansprechpartner.

Nierenarterienstenose

Nierenarterienstenose (Nierenschlagaderverengung): Verengung der Nierenarterien, die zu Bluthochdruck und/oder Abnahme der Nierenfunktion führt. Ursache bei älteren Menschen ist vor allem die Arteriosklerose (80 %), bei jüngeren Frauen eine Erkrankung der Arterien, die sog. Fibromuskuläre Dysplasie.

Behandelt wird mit Medikamenten gegen den erhöhten Blutdruck, in manchen Fällen auch operativ. Bei frühzeitiger Diagnose und Aufweitung der verengten Nierenarterie ist die Prognose gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Kopfschmerzen beim Aufwachen, vor allem im Hinterkopfbereich
  • Herzklopfen, stechende Brustschmerzen
  • Schwindelanfälle, Ohrensausen, Sehstörungen bis hin zu kurzen Ohnmachtsanfällen, Verwirrtheit.
  • Spät: Abnahme der Urinmenge
  • Selten: Strömungsgeräusch oder tastbares Schwirren im Bereich des Nabels.

Bei Blutdruckentgleisung:

  • Möglicherweise Sehstörungen, Schwindel, stärkste Kopfschmerzen
  • Herzschmerzen oder reißende Schmerzen im Brustkorb oder Bauchbereich
  • Bewusstseinsstörungen oder Lähmungserscheinungen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • erstmals hohe Blutdruckwerte gemessen werden
  • sich Beschwerden wie grundloses Nasenbluten (außer bei Jugendlichen während der Pubertät), Blut im Urin oder Kopfschmerzen beim Aufwachen häufen
  • Herzklopfen, Schwindelanfälle oder Sehstörungen auftreten.

Sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus, wenn die Blutdruckwerte

  • anhaltend über 200/130 mmHg liegen
  • mit Unwohlsein verbunden sind.

Die Erkrankung

Die mit Abstand häufigste Ursache für eine Verengung der Nierenarterie ist die Arteriosklerose, sie ist für etwa 80 % der Fälle verantwortlich. Bei Frauen zwischen 25 und 50 Jahren führt vor allem die Fibromuskuläre Dysplasie zu einer Nierenarterienstenose. Bei dieser Erkrankung vermehrt sich das Binde- und Muskelgewebe in der Gefäßwand und engt dadurch das Gefäßinnere ein. Weitere seltene Ursachen für eine Stenose der Nierenarterie sind Nebenwirkungen einer Bestrahlungstherapie, Tumoren, die von außen auf das Gefäß drücken oder ein Aneurysma (Aussackung einer Arterie).

Diagnosesicherung

Bereits die körperliche Untersuchung kann Hinweise auf eine Nierenarterienstenose liefern: Ist die Verengung der Nierenarterien stark fortgeschritten, hört der Arzt mit dem Stethoskop ein Strömungsgeräusch in der Gegend des Bauchnabels. Meist hat der Patient erhöhte Blutdruckwerte, wobei der diastolische Blutdruckwert verhältnismäßig stärker erhöht ist als der systolische Wert.

Typische Laborveränderungen bei einer Nierenarterienstenose sind

  • vermindertes Kalium, erhöhtes Kreatinin und erhöhtes Renin im Blut
  • Eiweiße im Urin.

Mit der Farbduplexsonografie kann der Arzt den Blutstrom und somit mögliche Gefäßverengungen bildlich darstellen. Weitere bildgebenden Verfahren sind die Nierenszintigrafie, die CT mit Kontrastmittel und die MRT.

Eine Digitale Substraktionsangiografie (Computerberechnete Darstellung der Arterie nach Kontrastmittelgabe) ist heute diagnostisch nur noch selten erforderlich und wird vor allem dann durchgeführt, wenn ein therapeutischer Eingriff (Perkutane transluminale Angioplastie, PTA, siehe unten) geplant ist.

Differenzialdiagnosen. Eine renale Hypertonie wird auch hervorgerufen durch eine chronische Nierenbeckenentzündung, reninproduzierende Tumoren (Nierenzellkarzinom) oder eine Nierenzyste.

Behandlung

Medikamentöse Blutdrucksenkung

Zunächst versucht der Arzt, den Blutdruck mit Medikamenten einzustellen. In Frage kommen

  • ACE-Hemmer
  • AT1-Antagonisten
  • Betablocker
  • Kalziumkanalblocker und
  • Diuretika.
  • Bei einer beidseitigen Nierenarterienstenose sind ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten allerdings kontraindiziert.

Operative Therapie

Die operative Therapie der Nierenarterienstenose wird empfohlen bei

  • Einzelniere oder beidseitigem Befall
  • Eingeschränkter Nierenfunktion
  • Fibromuskulärer Dysplasie
  • Unzureichender medikamentöser Blutdruckkontrolle.

Perkutane transluminale Angioplastie (PTA). Um die verengten Nierenarterien zu dehnen, führt der Arzt zuerst eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel (Nierenarteriografie) durch. Unter Röntgenkontrolle schiebt er dann einen Ballonkatheter von der Beinarterie bis in die Nierenarterie, um durch Aufblasen des Ballons die Nierenarterie zu dehnen. Bei Patienten mit Arteriosklerose legt er außerdem einen Stent ein, der die Arterie offen halten soll. Durch die PTA bessert sich bei vielen Patienten der Bluthochdruck, bei manchen erreicht er sogar wieder Normalwerte. Auch die Nierenfunktion wird häufig gebessert bzw. stabilisiert.

Offene Gefäßoperation. Liegt ein Aneurysma vor oder ist eine PTA nicht möglich, ersetzen die Ärzte die verengte Nierenarterie mit einem aortorenalen Bypass. Als Verbindungsstück zwischen Bauchaorta und Niere nutzen sie entweder eine Gefäßprothese oder patienteneigenes Venenmaterial. Statt eines aortorenalen Bypasses ist auch ein Bypass von der Milzarterie zur linken Niere oder von der Leberarterie zur rechten Niere möglich.

Prognose

Bei jedem 2. Patienten mit einer arteriosklerotisch bedingten Nierenarterienstenose schreitet die Verengung fort, in etwa 15 % der Fälle droht der komplette Verschluss.

Nierenbeckenentzündung, akute

Akute Nierenbeckenentzündung (akute Pyelonephritis): Entzündung des Nierenbeckens, oft bis ins Nierenkelchgewebe vordringend und meist durch Bakterien verursacht. Die akute Nierenbeckenentzündung ist eine häufige Komplikation der Blasenentzündung und kommt bei Frauen zwei- bis dreimal häufiger vor als bei Männern. Sie kann – bleibt sie unerkannt – in die chronische Form der Nierenbeckenentzündung übergehen. Wird die akute Nierenbeckenentzündung rechtzeitig mit Antibiotika behandelt, ist die Prognose gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Fieber, eventuell mit Schüttelfrost
  • Einseitige Rückenschmerzen in der Nierengegend (Flankenschmerz)
  • Stark beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, eventuell mit Übelkeit und Erbrechen
  • Schmerzhaftes und häufiges Wasserlassen.

Wann zum Arzt

Heute noch bei

  • Fieber und brennenden Schmerzen beim Wasserlassen
  • Rückenschmerzen oberhalb der Taille.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die akute Nierenbeckenentzündung entsteht fast immer durch Bakterien, die aus der Blase in Richtung Niere aufsteigen. Deshalb ist der Patient meist schon im Vorfeld an einer Blasenentzündung erkrankt. In etwa 90 % der Fälle handelt es sich bei den Bakterien um Escherichia coli, die normalerweise im Dickdarm leben. Sie gelangen über die Dammregion zur Harnröhrenöffnung und über die Harnröhre in die Blase. Die Bakterien können aber auch an den äußeren Geschlechtsorganen vorkommen und von dort die Harnröhre als Eintrittspforte zur Blase nutzen.

Von der Blase aus steigen die Bakterien durch den Harnleiter zum Nierenbecken hoch (deshalb nennt man diese Art von Infektion auch eine aufsteigende Infektion). Dies bemerkt der Betroffene aber meist nicht, da er zu diesem Zeitpunkt noch keine Beschwerden hat. In der Regel ist nur eine Niere betroffen. So bleibt dem Erkrankten auch bei schweren Komplikationen noch eine funktionsfähige Niere, die für einen gesunden Menschen ausreicht.

Vom Nierenbecken aus verteilen sich die Bakterien im Nierengewebe, genauer im Nierenmark. Nun beginnt die körpereigene Abwehrreaktion: Vom Immunsystem erkannt, wandern zur Bekämpfung der Bakterien weiße Blutkörperchen in die Nieren und es kommt zur Bildung von kleinen Eiterherden, um die Erreger abzukapseln.

Sehr selten entsteht eine Nierenbeckenentzündung durch Bakterien, die die Niere über das Blut erreichen. Dann spricht der Arzt von einer deszendierenden (absteigenden) Infektion. Die Folgen in der Niere sind die gleichen wie bei einer aufsteigenden Infektion.

Risikofaktoren

Schwangere Frauen und Menschen mit einem vesikorenalem Reflux sind besonders gefährdet. Bei Schwangeren erweitern sich die Harnleiter durch die Wirkung der Hormone, wodurch den Bakterien das Hochwandern zur Niere erleichtert wird. Außerdem haben Schwangere vermehrt Glukose im Urin und bieten dadurch Bakterien wie Escherichia coli ideale Ernährungsbedingungen.

Weitere Risikofaktoren sind alle Umstände, die das Eindringen oder Vermehren von Bakterien begünstigen:

  • Fremdkörper im Urogenitalsystem wie z. B. ein Blasenkatheter
  • Sexuelle Aktivität: Beim Sex werden häufig Darmkeime in die Harnröhre verschleppt
  • Belastungsinkontinenz, Diabetes mellitus und die Verwendung von Spermiziden zur Empfängniskontrolle.

Komplikationen

Gefürchtet ist der Übertritt der Bakterien in die Blutbahn, besonders bei bereits bestehenden Behinderungen des Harnabflusses wie bei Nierensteinen, Nierentumoren oder einer Prostatavergrößerung. Dies kann eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Urosepsis, wie die von den Harnwegen ausgehende Blutvergiftung heißt) auslösen.

Wird die akute Nierenbeckenentzündung früh erkannt und richtig behandelt, heilt sie ohne Komplikationen, wobei oft kleine Narben zurückbleiben, die aber die Nierenfunktion nicht merklich beeinträchtigen. Unterbleibt die rechtzeitige Therapie, drohen Rückfälle, ein Nierenabszess, umfangreiche Narbenbildung sowie die allmähliche Zerstörung der Niere.

Diagnosesicherung

Bei der körperlichen Untersuchung stellt der Arzt häufig einen Nierenklopfschmerz fest. Außerdem prüft er mit einem Urin-Stix, ob im Urin des Patienten weiße Blutkörperchen vorkommen. Darüber hinaus veranlasst er für den Nachweis des Erregers eine Urinkultur aus dem Mittelstrahlurin. Das Ergebnis der Urinkultur mit Bakterienmenge, Bakterienart und Antibiogramm liegen in der Regel nach 24–48 Stunden vor.

Vermutet der Arzt eine eingeschränkte Nierenfunktion, bestimmt er im Blut die Kreatinin-Konzentrationund die Werte für Harnstoff, Harnsäure und Cystatin C. Außerdem prüft er die Entzündungsparameter CRP, BSG und Leukozyten im Blut, manchmal legt er auch eine Blutkultur an.

Mit dem Ultraschall untersucht der Arzt die Nieren auf Eiterherde und Zeichen einer Harnstauung. Vermutet der Arzt Abflussstörungen im Urogenitaltrakt kommen spezielle Untersuchungen zum Einsatz, wie z. B.

  • Urogramm
  • Kontrastmittel-CT
  • Ureterpyelografie
  • Miktions-Urethrogramm
  • Urodynamische Untersuchungen
  • Szintigrafie der Niere.

Differenzialdiagnosen. Starke Schmerzen im Flankenbereich und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl kommen z. B. auch bei der Gallenblasenentzündung, der Pankreatitis, der Adnexitis und der Blinddarmentzündung vor. Auch eine Lungenentzündung oder eine Pleuritis verursachen manchmal ähnliche Schmerzen wie die Nierenbeckenentzündung.

Behandlung

Zur Behandlung einer akuten Nierenbeckenentzündung mit nur leichten Beschwerden verschreibt der Arzt für 1–2 Wochen Antibiotika, z. B. ein Fluorchinolon wie Ciprofloxacin oder Levofloxacin, alternativ auch ein Cephalosporin wie Ceftibuten oder Cefpodoxim. Schwangeren verordnet der Arzt meist ein Cephalosporin, da Fluorchinolone kontraindiziert sind.

Eine schwere akute Nierenbeckenentzündung mit hohem Fieber und schlechtem Allgemeinzustand wird in der Regel im Krankenhaus behandelt. Um die Bakterien sicher abzutöten, wählt der Arzt mehrere hochwirksame Antibiotika (z. B. Ampicillin und Sulbactam wie in Unacid®) und verabreicht diese zunächst per Infusion. Bei Harnverhalt, d. h., wenn der Patient kein Wasser lassen kann, bekommt er vorübergehend einen Dauerkatheter, um den Urin zuverlässig abzuleiten. Bessert sich der Zustand des Patienten nach 2–3 fieberfreien Tagen, kann er die Antibiotikatherapie in Form von Tabletten zu Hause fortsetzen.

Warnhinweis: Auch wenn die Beschwerden bereits nach kurzzeitiger Einnahme von Antibiotika verschwinden, muss die Therapie bis zum geplanten Ende eingehalten werden, sonst droht ein Rückfall.

Prognose

Nach einer Nierenbeckenentzündung entwickeln 9 % der Frauen und 7 % der Männer in den darauffolgenden 12 Monaten eine weitere Nierenbeckenentzündung. Nach der vierten Episode liegt das 1-Jahres-Risiko für eine weitere Nierenbeckenentzündung bei Männern und Frauen sogar über 50 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Halten Sie strikte Bettruhe ein. Auch nach Abklingen der Symptome sind Ruhe und Erholung geboten: Vermeiden Sie vorerst jede körperliche Anstrengung.
  • Viel trinken. Mindestens ebenso wichtig ist es, wenigstens 3 l täglich zu trinken, und zwar sowohl im Akutstadium als auch während der Phase, in der allmählich eine Besserung der Beschwerden eintritt. Besonders empfehlenswert sind Tees mit Heilkräutern, die eine harnsteigernde Wirkung haben bzw. sich zur Durchspülungstherapie empfehlen. Spezielle Blasentees (aus der Apotheke) − meist mit Bärentrauben, Brennnessel, Goldrute, Schachtelhalm oder Birke − wirken harntreibend und leicht desinfizierend. 3–4 Tassen Blasentee pro Tag reichen aus. Blasentees mit Bärentraubenblättern dürfen maximal fünfmal im Jahr für je 1 Woche angewendet werden, da Abbauprodukte des Tees Leberschäden verursachen können.
  • Blase regelmäßig und vollständig entleeren. Gehen Sie aber nicht ständig auf die Toilette – bei manchen Menschen entwickelt sich sonst ein Automatismus, schon bei leichter Blasenfüllung einen starken Harndrang zu verspüren.
  • Wärme wirkt schmerz- und krampflindernd: Legen Sie Wärmeflaschen, Kirschkernsäckchen oder Heublumenauflagen (Apotheke) auf Unterbauch und Rücken oder setzen Sie sich darauf. Decken Sie sich dann mit einer Wolldecke zu, damit die Wärme länger hält

Komplementärmedizin

Als Begleitmaßnahme können gegebenenfalls homöopathische Akutmittel wie Apis, Belladonna, Berberis, Cantharis oder Sulfur eingesetzt werden, keinesfalls sollte jedoch eine homöopathische Behandlung anstelle der Antibiotikatherapie erfolgen.

Prävention

Zur Vorbeugung kommen die gleichen Maßnahmen in Betracht wie die zur Vermeidung einer (erneuten) Blasenentzündung:

  • Wischen Sie nach dem Toilettengang und bei der äußeren Reinigung des Intimbereichs stets von vorn nach hinten Richtung After − so vermeiden sie eine Verschleppung der Kolibakterien aus der Analregion in die Harnröhre.
  • Halten Sie Unterleib und Füße warm − Auskühlung schwächt das Immunsystem und bereits vorhandene Erreger vermehren sich schneller.
  • Bevorzugen Sie Wäsche aus luftdurchlässiger Baumwolle, die Schweiß und Feuchtigkeit ableitet. Synthetikstoffe und zu enge Kleidung fördern die Bildung eines feuchten Milieus, in dem sich Bakterien rasch vermehren.
  • Verwenden Sie Tampons statt Binden und Slipeinlagen, denn letztere schaffen ebenfalls ein feuchtes Milieu, wenn sie nicht mehr trocken sind (wechseln Sie sie gegebenenfalls öfters).
  • Lassen Sie so viel Luft wie möglich an Ihr äußeres Genital, z. B., indem Sie nachts ohne Unterhose und im Nachthemd schlafen.
  • Wechseln Sie beim Baden im Sommer Ihre nasse Badekleidung sofort nach dem Schwimmen, wenn Sie sich noch sonnen wollen.
  • Manchmal begünstigt Sexualkontakt das Einwandern körpereigener Bakterien in die Blase. Nur selten handelt es sich um eine direkte Ansteckung. Deshalb empfiehlt es sich, nach dem Sex Wasser zu lassen − das schwemmt angeschleppte Bakterien wieder aus, bevor sie sich vermehren können. Die Genitalregion sollte am besten in einem Bidet gewaschen werden.
  • Spermizide Gels und mechanische Verhütungsmittel wie Portiokappe oder Diaphragma fördern Blasenentzündungen, indem sie neben den Spermien auch die schützenden vaginalen Laktobazillen abtöten − wenn Sie diesen Verdacht haben, probieren Sie andere Verhütungsmethoden.
  • Falls Sie bisher Intimsprays verwendet haben: in den Müll damit! Benutzen Sie für die tägliche Reinigung des äußeren Intimbereichs am besten nur Wasser: Wenn Sie milde ph-neutrale Waschlotion bevorzugen, verwenden Sie diese lediglich in geringen Mengen.
  • Helfen alle diese Maßnahmen nicht, ist eine dauerhafte Vorbeugung mit einem Antibiotikum das einzige effektive Mittel, um Nierenschäden und ständige Erkrankungen des Harntrakts zu vermeiden.

Nierenbeckenentzündung, chronische

Chronische Nierenbeckenentzündung (chronische Pyelonephritis): Wiederkehrende Entzündung von Nierenbecken und Nierenkelchgewebe durch nicht ausgeheilte und wiederkehrende Blasenentzündungen. Typischerweise bestehen Behinderungen des Harnabflusses durch Nierensteine, fehlangelegte Klappen oder Tumoren. Die Krankheit verläuft schubweise, im Schub ähneln die Beschwerden der akuten Nierenbeckenentzündung. Behandelt werden die akuten Schübe mit Antibiotika, für eine Heilung muss zudem die zugrunde liegende Harnabflussstörung beseitigt werden. In 20 % der Fälle, vor allem bei unzureichender Behandlung, erfolgt der Übergang in das chronische Nierenversagen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • zwischen zwei Krankheitsschüben kaum Beschwerden, während eines Krankheitsschubs die gleichen Beschwerden wie bei der akuten Nierenbeckenentzündung; also Temperaturerhöhung, schmerzhaftes Wasserlassen, beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, Flankenschmerz
  • Gewichtsverlust
  • Kopfschmerzen
  • Dumpfe Rückenschmerzen
  • Abnorme Ermüdbarkeit, Appetitlosigkeit
  • Erhöhter Blutdruck.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag bei

  • Fieber und brennenden Schmerzen beim Wasserlassen oder
  • Rückenschmerzen oberhalb der Taille.

In den nächsten Tagen bei

  • Gewichtsverlust, vermehrter Ermüdbarkeit, allgemeinem Krankheitsgefühl.

Die Erkrankung

Ursachen

Ursache für die chronische Nierenbeckenentzündung ist meist eine Abflussbehinderung des Urins. Wenn sich der Urin in den Harnwegen staut, fällt es krankmachenden Bakterien leichter, in Blase und Niere aufzusteigen und sich dort einzunisten. Zu den wichtigsten Harnabflussstörungen zählen Fehlbildungen der ableitenden Harnwege wie z. B. beim vesikorenalen Reflux, aber auch erworbene Hindernisse wie Nierensteine, eine vergrößerte Prostata oder Verengungen der Harnröhre. Weitere Ursachen für Harnabflussstörungen sind Verletzungen der Harnwege durch operative Eingriffe im Becken oder Tumoren, die z. B. auf einen Harnleiter drücken. Ebenso führen Dauerkatheter nicht selten über wiederkehrende Blasenentzündungen zur chronischen Nierenbeckenentzündung.

Während bei einer akuten Nierenbeckenentzündung einmalig Bakterien von der Harnblase über die Harnleiter zu den Nieren aufsteigen, geschieht dies bei der chronischen Nierenbeckenentzündung immer wieder. Dies führt zu Vernarbungen von Nierengewebe infolge ständig ablaufender Entzündungsprozesse. Beschwerden treten erst dann auf, wenn die Bakterienbesiedlung ein bestimmtes Ausmaß überschritten hat.

Verlauf

In der Folge bilden sich häufig Nierenabszesse, Eiteransammlungen also, die sich gegen das gesunde Nierengewebe abkapseln. Patienten mit einem Nierenabszess leiden unter schwerem Krankheitsgefühl mit Fieber, Schüttelfrost und Schmerzen in der Nierengegend. Das Wasserlassen kann schmerzhaft sein und der Urin ist eitrig, manchmal sogar blutig.

Bleibt die Entzündung auf Dauer bestehen, entwickelt sich als schlimmste Folge eine sogenannte pyelonephritische Schrumpfniere mit chronischem Nierenversagen.

Komplikationen

  • Urosepsis (von den Harnwegen ausgehende Blutvergiftung), d. h., dass sich die Bakterien von der Niere aus über die Blutbahnen in den gesamten Körper ausbreiten. Diese schwere Komplikation betrifft etwa 40 % der Patienten mit chronischer Nierenbeckenentzündung.
  • Durch die eingeschränkte Nierenfunktion und eine gestörte Blutdruckregulation im Rahmen des Renin-Angiotensin-Systems entwickelt sich häufig eine renale Hypertonie, also ein durch Nierenschäden verursachter Bluthochdruck.

Diagnosesicherung

Zur Diagnose der chronischen Nierenbeckenentzündung werden dieselben Untersuchungen durchgeführt wie bei der akuten Nierenbeckenentzündung.

2113_GTV_Ausscheidungsurogramm_chronische_Nierenbeckenentzuendung_Schrumpfniere.png|Links: Ausscheidungsurogramm einer 49-jährigen Frau mit chronischer Nierenbeckenentzündung. Deutlich erkennbar ist die Verformung der Nierenkelche mit narbigen Einziehungen. Rechts: Ausscheidungsurogramm einer Schrumpfniere eines 68-jährigen Patienten. Die Niere hat ein noch stärker ausgeweitetes Nierenkelchsystem mit narbigen Einziehungen, zudem ist die Nierenrinde verschmälert. Wenn nur eine Niere schrumpft, kann die andere gesunde Niere den fast vollständigen Funktionsverlust des Organs übernehmen. Entwickeln sich beidseitig Schrumpfnieren, droht ein chronisches Nierenversagen, was die A:21h01|Dialysepflicht nach sich zieht. |[GTV 2113]

Urinuntersuchungen

  • Urin-Stix: Bestimmung von roten und weißen Blutkörperchen, Nitrat, Eiweiß, Glukose
  • Mikroskopische Untersuchung des Urins, z. B. auf Zellen, rote und weiße Blutkörperchen, Epithelzellen
  • Urinkultur aus dem Mittelstrahlurin. Das Ergebnis der Urinkultur mit Bakterienmenge, Bakterienart und Antibiogramm liegt in der Regel nach 24–48 Stunden vor.

Blutuntersuchungen zeigen dem Arzt vor allem, ob eine eingeschränkte Nierenfunktion besteht. Dazu bestimmt er

  • Kreatinin-Konzentration,
  • Harnstoff,
  • Harnsäure und
  • Cystatin C.

Außerdem prüft der Arzt die Entzündungsparameter CRP, BSG und Leukozyten im Blut, manchmal legt er auch eine Blutkultur an.

Mit dem Ultraschall untersucht der Arzt die Nieren auf Eiterherde und weitere mögliche Schäden wie z. B. Vernarbungen des Nierengewebes. Besonders wichtig bei einer chronischen Nierenbeckenentzündung ist das Aufspüren etwaiger Abflussstörungen. Hierfür stehen dem Arzt eine ganze Reihe von Verfahren zur Verfügung, z. B.

  • Urogramm
  • Kontrastmittel-CT
  • Ureterpyelografie
  • Miktions-Urethrogramm
  • Urodynamische Untersuchungen
  • Szintigrafie der Niere.

Differenzialdiagnosen. Starke Schmerzen im Flankenbereich und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl kommen z. B. auch bei der Gallenblasenentzündung, der Bauchspeicheldrüsenentzündung, der Adnexitis und der Blinddarmentzündung vor.

Behandlung

Bei akuten Schüben verordnet der Arzt Antibiotika. Entscheidend für den langfristigen Behandlungserfolg ist die Beseitigung der Abflussbehinderung: Nieren- und Harnleitersteine müssen entfernt und eine Prostatavergrößerung behandelt werden. Lässt sich ein vesikorenaler Reflux nicht chirurgisch beseitigen, verordnen die Ärzte eine antibiotische Langzeittherapie.

Nierenabszesse werden in der Klinik mit Antibiotika-Infusionen behandelt. Ist das nicht erfolgreich, versucht der Arzt den Abszess über eine Drainage zu entleeren oder entfernt in besonders schweren Fällen auch Teile der Niere oder die gesamte Niere.

Prognose

Bei frühzeitiger Diagnose und Therapie einschließlich der Beseitigung von Risikofaktoren wie Abflussstörungen kann auch eine chronische Nierenbeckenentzündung ausheilen. Wird die Erkrankung nicht behandelt, drohen Schrumpfniere und terminale Niereninsuffizienz.

Ihr Apotheker empfiehlt

Auch bei der chronischen Nierenbeckenentzündung ist es wichtig, akute (Neu)-Infektionen der Harnwege zu vermeiden. Zur Vorbeugung kommen die gleichen Maßnahmen in Betracht wie die zur Vermeidung einer Blasenentzündung:

  • Wischen Sie nach dem Toilettengang und bei der äußeren Reinigung des Intimbereichs stets von vorn nach hinten Richtung After − so vermeiden sie eine Verschleppung der Kolibakterien aus der Analregion in die Harnröhre.
  • Halten Sie Unterleib und Füße warm − Auskühlung schwächt das Immunsystem und bereits vorhandene Erreger vermehren sich schneller.
  • Bevorzugen Sie Wäsche aus luftdurchlässiger Baumwolle, die Schweiß und Feuchtigkeit ableitet. Synthetikstoffe und zu enge Kleidung fördern die Bildung eines feuchten Milieus, in dem sich Bakterien rasch vermehren.
  • Verwenden Sie Tampons statt Binden und Slipeinlagen, denn letztere schaffen ebenfalls ein feuchtes Milieu, wenn sie nicht mehr trocken sind (wechseln Sie sie gegebenenfalls öfters).
  • Lassen Sie so viel Luft wie möglich an Ihr äußeres Genital, z. B., indem Sie nachts ohne Unterhose und im Nachthemd schlafen.
  • Wechseln Sie beim Baden im Sommer Ihre nasse Badekleidung sofort nach dem Schwimmen, wenn Sie sich noch sonnen wollen.
  • Manchmal begünstigt Sexualkontakt das Einwandern körpereigener Bakterien in die Blase. Nur selten handelt es sich um eine direkte Ansteckung. Deshalb empfiehlt es sich, nach dem Sex Wasser zu lassen − das schwemmt angeschleppte Bakterien wieder aus, bevor sie sich vermehren können. Die Genitalregion sollte am besten in einem Bidet gewaschen werden.
  • Spermizide Gels und mechanische Verhütungsmittel wie Portiokappe oder Diaphragma fördern Blasenentzündungen, indem sie neben den Spermien auch die schützenden vaginalen Laktobazillen abtöten − wenn Sie diesen Verdacht haben, probieren Sie andere Verhütungsmethoden.
  • Falls Sie bisher Intimsprays verwendet haben: in den Müll damit! Benutzen Sie für die tägliche Reinigung des äußeren Intimbereichs am besten nur Wasser: Wenn Sie milde ph-neutrale Waschlotion bevorzugen, verwenden Sie diese lediglich in geringen Mengen.
  • Helfen alle diese Maßnahmen nicht, ist eine dauerhafte Vorbeugung mit einem Antibiotikum das einzige effektive Mittel, um Nierenschäden und ständige Erkrankungen des Harntrakts zu vermeiden.

Weiterführende Informationen

  • Prof. Dr. Johannes Mann: Nierenerkrankungen - Was Ihre Nieren schützt und stärkt, Trias Verlag 2014. Verständlich geschriebene Informationen zu Nierenerkrankungen mit vielen Tipps, die Niere zu schützen.

Nierenfehlbildungen und Nierenfehllagen

Etwa ein Drittel aller angeborenen Fehlbildungen betreffen die Urogenitalorgane, also die Nieren, Harnwege und Geschlechtsorgane. Der größte Teil der Fehlbildungen ist ohne medizinische Bedeutung und wird oft zufällig im Erwachsenenalter im Rahmen einer Untersuchung mit Ultraschall, z. B. beim Check-up, gefunden.

Wachsen während der Embryonalentwicklung beide Nieren an ihrem unteren Ende zusammen, handelt es sich um eine Hufeisenniere. Manchmal ist ein Teilbereich der Nieren nicht vollständig ausgebildet. Zwei Drittel der Menschen mit einer Hufeisenniere leben ohne Beschwerden. Allerdings ist die Gefahr für Nierensteine und Blasenentzündungen deutlich erhöht. Eine operative Behandlung dieser relativ häufigen Nierenfehlbildung ist nur selten notwendig.

Bei der Beckenniere handelt es sich um eine Nierenfehllage, denn eine Niere ist ins Becken abgesenkt. Sie kann zu einer Behinderung des Harnflusses führen.

Die einseitig fehlende Niere (unilaterale Nierenagenesie) ist eine seltene Fehlbildung, bei der nur eine Niere angelegt ist. Funktioniert diese meist vergrößerte Niere, kann der Patient damit sehr gut leben.

Zystennieren sind dagegen je nach Ausprägung manchmal eine folgenschwere und auch häufig vorkommende, genetisch bedingte Fehlbildung, bei der die Nieren mit Zysten übersät sind. Zysten sind unterschiedlich große Hohlräume, die mit Flüssigkeit gefüllt sind. Die Krankheit macht sich erst zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr bemerkbar. Leitbeschwerden sind Blut im Urin (Hämaturie), häufige Blasenentzündungen und Nierensteine. Nach einigen Jahren ist die Dialyse unumgänglich, denn bisher ist eine Behandlung nicht möglich.

Von den Zystennieren abzugrenzen sind die noch häufigeren Nierenzysten: Während die Zystenniere eine vererbte Fehlbildung ist und das ganze Nierengewebe betrifft, entwickeln sich Nierenzysten im höheren Alter und sind vielfach nur einzeln vorhanden. Unbekannt ist, warum sich Nierenzysten entwickeln – fast immer sind sie aber völlig harmlos. Selten verbirgt sich dahinter ein zystisch umgewandelter Nierenkrebs. Im Zweifelsfall und bei Beschwerden können die Zysten operativ entfernt werden.

Nierenkrebs

Nierenkrebs (Nierenzellkarzinom, Adenokarzinom der Nieren, Hypernephrom): Bösartiger Nierentumor, zunehmend nach dem 50. Lebensjahr auftretend. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen; Rauchen und Gifte wie Kadmium (z. B. in Tabakrauch und Düngemitteln) gelten als Risikofaktor.

Nierenkrebs verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Erst spät bemerkt der Patient Blut im Urin (der Tumor ist bereits in die ableitenden Harnwege eingedrungen) und Schmerzen in der Nierengegend. Durch die einfache, oft zufällige Diagnose mittels Ultraschall wird der Tumor heute in 3/4 der Fälle trotzdem frühzeitig erkannt und hat deshalb nach operativer Entfernung eine gute Prognose.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Meist keine Beschwerden
  • Im Spätstadium: Blut im Urin und/oder Schmerzen in der Nierengegend
  • Im Spätstadium: Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Fieber als typische Zeichen einer schweren Krebserkrankung.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • Blut im Urin
  • Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Fieber.

Am gleichen Tag bei

  • plötzlich auftretenden starken Schmerzen in der Nierengegend.

Die Erkrankung

Ursachen und Risikofaktoren

Der Nierenkrebs entsteht aus Epithelzellen des Nierengewebes. Warum die Zellen bösartig entarten, ist unklar. Eine genetische Komponente scheint jedoch wahrscheinlich, da erstgradig Verwandte von Betroffenen ein verdoppeltes Risiko für Nierenkrebs haben. Daneben gibt es einige seltene, vererbte Syndrome mit ebenfalls erhöhtem Nierenkrebs-Risiko, dazu gehören die von-Hippel-Lindau-Krankheit und das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom.

Bekannt ist zudem eine Reihe von Risikofaktoren, die die Entwicklung eines Nierenkrebses begünstigen:

  • Rauchen
  • Umgang mit Kadmium, Blei, petrochemische Substanzen, Teer und Holzschutzmittel
  • Terminale Niereninsuffizienz
  • Niedrige soziale Herkunft, Stadtbewohner
  • Übergewicht und Bluthochdruck
  • Erhöhter Konsum von Fetten und Eiweiß.

Stadien

Wie alle bösartigen Tumoren wird auch der Nierenkrebs in verschiedene Stadien eingeteilt. Entscheidend ist dabei, ob der Krebs über die Niere hinauswächst. So sind die Stadien T1 und T2 auf die Niere begrenzt und haben deshalb eine bessere Prognose. 75 % der Nierentumoren werden heute in diesem Stadium diagnostiziert.

Komplikationen

Metastasierung, vor allem in die Lunge, die Knochen, die Leber und das Gehirn.

Diagnosesicherung

Jeder zweite Nierenkrebs wird zufällig entdeckt, vor allem bei der Ultraschalluntersuchung der Niere. Weitere Untersuchungen bei Verdacht auf Nierenkrebs sind:

  • Bauchultraschall zur Suche nach Metastasen
  • CT mit Kontrastmittel für die operative Planung
  • CT und Röntgen des Brustkorbs zum Nachweis von Lungenmetastasen
  • MRT des Schädels bei Verdacht auf Hirnmetastasen
  • Evtl. Biopsie bei unklaren Befunden

Differenzialdiagnosen. Hinter raumfordernden Prozessen im Nierenbereich, Blut im Urin und/oder Schmerzen können auch Nierenabszesse, Metastasen anderer Tumoren und große Nierenzysten stecken.

Behandlung

Je nach Tumorausbreitung kommen folgende Behandlungsverfahren in Frage:

Nierenteilresektion. In aller Regel versuchen die Ärzte, den Tumor operativ zu entfernen. Dabei erreichen sie die Niere entweder laparoskopisch oder über einen Flankenschnitt. Kleine und mittelgroße, auf die Niere begrenzte Tumoren operieren die Ärzte meist organerhaltend als Nierenteilresektion, d. h. sie entfernen nur den von Krebs betroffenen Bereich der Niere.

Radikale Nephrektomie. Bei großen oder ungünstig gelegenen Tumoren entfernen die Ärzte die betroffene Niere komplett (radikale Nephrektomie oder Totalresektion), meist inklusive der direkt an der Niere gelegenen Lymphknoten. Auch diese Operation ist laparoskopisch oder über einen Flankenschnitt möglich.

Aktives Überwachen. Vor allem bei älteren Patienten mit Begleiterkrankungen empfehlen die Ärzte aufgrund des Operationsrisikos manchmal, den Tumor zunächst engmaschig mit Ultraschalluntersuchungen oder CT zu überwachen. Operiert wird erst dann, wenn der Tumor schnell wächst.

Kryoablation oder Radiofrequenzablation. Kleinere Tumoren (< 4 cm) behandelt der Arzt auch manchmal lokal mit Wärme oder Kälte. Dazu schiebt er über einen Bauchschnitt oder während einer Bauchspiegelung eine Sonde zum Tumor und zerstört diesen mit Wechselstrom (Radiofrequenzablation) oder Kälte (Kryoablation).

Operation von Metastasen. Isolierte und operativ gut erreichbare Metastasen in Lunge und Leber entfernen die Ärzte in der Regel operativ.

Bestrahlung. Therapeutisch bestrahlt werden vor allem Hirn- und Knochenmetastasen.

Medikamentöse Therapie. Medikamentös therapiert wird vor allem in der palliativen Situation, d. h., beim fortgeschrittenen, metastasierten Nierenkrebs, der operativ nicht mehr geheilt werden kann. Gegen die Standard-Chemotherapeutika weist der Nierenkrebs allerdings eine hohe Resistenz auf. Eingesetzt werden daher die neueren Wirkstoffe der sogenannten "Zielgerichteten Therapie", wie z. B. die Tyrosinkinase-Hemmer Sunitinib oder Sorafenib, der mTor-Inhibitor Temsirolimus oder Everolimus. Aus der Gruppe der Immuntherapie nutzen die Ärzte außerdem Interferon alpha, Bevacizumab oder den PD1-Antikörper Nivolumab.

Prognose

Hat der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine Metastasen gebildet, ist die Prognose gut und eine Heilung oft möglich (5-Jahres-Überlebensrate der Tumorstadien 1 und 2 etwa 90 %). Ist der Tumor bereits in das Venensystem oder in die Nachbarorgane eingebrochen, ist die Prognose schlecht.

Prävention

Regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Niere werden bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, von-Hippel-Lindau-Krankheit und Nierenzysten empfohlen.

Weiterführende Informationen

  • Eine Patientenleitlinie der deutschen Krebshilfe zum Thema Nierenkrebs im frühen und lokal fortgeschrittenen Stadium finden Sie unter https://www.krebshilfe.de/fileadmin/Downloads/PDFs/Leitlinien/PLL_Nierenkrebs_frueh_WEB_160914.pdf
  • Die bundesweit tätige Patientenorganisation "Das Lebenshaus" bietet Unterstützung und Erfahrungsaustausch für Nierenkrebs-Kranke und Angehörige. Zu erreichen unter https://www.daslebenshaus.org/nier.html.

Nierensteine und Nierenkolik

Nierensteine (Harnsteine, Nephrolithiasis, Urolithiasis): Feste Gebilde in den Nieren und den ableitenden Harnwegen, die den Harnabfluss behindern. Sie bestehen aus auskristallisierten Substanzen, die normalerweise gelöst im Urin vorkommen. Je nachdem, wo sich die Steine befinden, spricht der Arzt von Nierensteinen, Nierenbeckensteinen, Harnleitersteinen oder Blasensteinen. Die Steine können mehr als haselnussgroß, aber auch winzig klein sein (Harngrieß) und verursachen abhängig von ihrer Lage starke bis stärkste wellenförmige Schmerzen.

Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen, am häufigsten im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Die Mehrzahl der Steine geht spontan mit dem Urin ab, die anderen lassen sich fast immer durch ärztliche Behandlung entfernen. Da Nierensteine sich immer wieder neu bilden, wird nach Abgang oder Entfernung des Steins häufig eine medikamentöse Prophylaxe oder spezielle Diät empfohlen.

Nierenkolik: Stärkste wellenförmig bis krampfartige Schmerzen im hinteren seitlichen Unterbauchraum (Nierenlager) infolge einer Einklemmung von Nieren- oder Harnleitersteinen, selten auch durch Blutgerinnsel oder abgestorbenes Nierengewebe. Dadurch kann der Urin nicht mehr abfließen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • (Äußerst) starke, krampfartige Schmerzen (Koliken) im unteren seitlichen Rückenbereich und/oder im Unterbauch mit Ausstrahlung in Hoden oder Schamlippen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Blut im Urin.

Wann zum Arzt

Heute noch, wenn

  • Blut im Urin ist.

Sofort den Arzt rufen, wenn

  • Koliken auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Nieren-, Nierenbecken- und Harnleitersteine (kurz: Nierensteine) können aus ganz verschiedenen Materialien bestehen. Am häufigsten sind Kalziumoxalatsteine (kalk- und oxalathaltig, ~ 70 %), Harnsäuresteine (Uratsteine ~ 15 %) und Struvitsteine (Magnesium-Ammonium-Phosphat-Steine, ~ 10 %). Allen gemeinsam ist der Mechanismus der Steinbildung: Am Anfang steht eine Substanz (Kalzium, Oxalat, Harnsäure), die in hoher Konzentration im Urin vorliegt. Normalerweise sind diese Festsubstanzen im Urin gelöst, so wie Zucker im Tee. Ab einer gewissen Menge wird die Löslichkeit der Substanz jedoch überschritten und sie kristallisiert, wird also fest. An das Kristall lagern sich nun immer mehr gleichartige Moleküle an und der Stein wächst.

Nierensteine kommen selten nur einmalig vor, die Gefahr einer wiederholten (rezidivierenden) Steinbildung ist sehr groß.

Risikofaktoren

Besonders rasch entwickeln sich Nierensteine bei:

  • Hohem Eiweißkonsum (Fleisch, Milchprodukte)
  • Starkem Kaffee-, Schwarztee- und Alkoholgenuss
  • Ungenügender Flüssigkeitszufuhr
  • Harnstauung, Harnwegsinfekten
  • Blasenentzündungen
  • Erhöhter Kalziumkonzentration im Blut.

Komplikation

Eine Kolik tritt auf, wenn sich ein Nierenstein aus dem Nierenbecken löst und in Richtung Blase wandert. Der Stein bleibt im engen Harnleiter stecken und reizt die Schleimhaut. Die Muskulatur in der Harnleiterwand verkrampft sich und löst so den starken Schmerz aus. Hat sich der Stein bis zur Blase vorgearbeitet, hört der Schmerz schlagartig auf.

Durch die Harnstauung drohen zudem Harnwegsinfektion, Nierenbeckenentzündung und Urosepsis.

Diagnosesicherung

Anhand der charakteristischen Schmerzen der Nierenkolik schöpft der Arzt meist schnell den Verdacht auf ein Nierensteinleiden. Per Ultraschall sichert er die Diagnose und bestimmt die aktuelle Position und Größe der Nierensteine, die ab einem Durchmesser von 0,5 cm gut sichtbar sind. Oft fertigt er ein CT an, mit dem er nicht nur Harnstau und Nierenstau nachweist, sondern auch wichtige Differenzialdiagnosen ausschließt. Da die meisten Nieren- und Harnleitersteine Kalzium enthalten, erkennt der Arzt sie auch deutlich als helle Strukturen im Röntgenbild, verkalkte Lymphknoten oder Venen können aber genauso aussehen. Wird eine operative Therapie geplant, veranlasst der Arzt auch ein Urogramm oder eine retrograde Ureteropyelografie (Darstellung der Harnwege, bei der das Kontrastmittel vom Ende des Harnleiters oder der Harnröhre "retrograd" nach oben gespritzt wird)

Urin- und Blutuntersuchungen geben Aufschluss darüber, ob zusätzlich eine Infektion der ableitenden Harnwege oder eine Nierenschädigung vorliegt. Wichtige Laboruntersuchungen sind z. B.

  • Urinsediment und Urinkultur, Urin-pH-Wert
  • Blut: Nierenwerte (Kreatinin, Cystatin), Harnsäure, Natrium, Kalium und Kalzium

Vor allem bei Patienten, die immer wieder an Nierensteinen leiden, wird nach der Steinentfernung die genaue Zusammensetzung der Steine untersucht. Die Kenntnis der einzelnen Substanzen und die Bestimmung der Kalzium- und Phosphatwerte im Blut erleichtern die Vorbeugung weiterer Rückfälle.

Differenzialdiagnose. Ähnliche starke Flanken- oder Rückenschmerzen kommen auch vor bei Gallenkolik, Perforation eines Magengeschwürs, Adnexitis, Divertikulitis, Blinddarmentzündung, Hodentorsion oder bei einem Bandscheibenvorfall.

Behandlung

Akute Kolik. Bei Koliken hat die Behandlung der Schmerzen höchste Priorität: Der Arzt verabreicht Schmerzmittel, z. B. Metamizol intravenös, das gleichzeitig auch krampflösend wirkt, bei leichteren Schmerzen auch Paracetamol als Zäpfchen oder Tabletten. Falls diese Schmerzmittel nicht ausreichen, verordnet er Opiate wie etwa Pethidin (Dolantin®); gleichzeitig verschreibt er entzündungshemmende Medikamente (z. B. Diclofenac®).

Steinentfernung. Zur Behandlung von Nierensteinen stehen dem Arzt Medikamente und verschiedene operative Verfahren zur Verfügung. Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von Art und Größe der Steine ab:

Eine konservative Therapie mit Medikamenten und Abwarten auf den spontanen Abgang der Steine kommt vor allem in Frage bei Harnleitersteinen, die kleiner als 5 mm sind; in manchen Fällen empfehlen die Ärzte sie auch bei Harnleitersteinen bis zu 10 mm.

Für alle anderen Nierensteine sowie bei erfolgloser medikamentöser Steinauflösung stehen z. B. folgende Verfahren zur Verfügung:

  • Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)
  • Ureterorenoskopie (URS)
  • Offene Operation.

Konservative Therapie

Bettruhe ist nicht erforderlich, im Gegenteil: Der Patient soll sich bewegen und so viel wie möglich trinken, um den Steinabgang zu fördern. Gegen Schmerzen verordnet der Arzt Diclofenac®, bei Bedarf zusätzlich Metamizol. Die meisten kleineren Nierensteine bis zu 5 mm Größe gehen auf diese Weise spontan innerhalb von 4 bis 6 Wochen ab. In dieser Zeit bekommt der Patient ein Sieb, um seinen Urin zu filtern und den Stein dabei aufzufangen. Das dient nicht nur dem Nachweis des Steinabgangs, die aufgefangenen Konkremente können auch auf ihre Bestandteile analysiert werden. Kennt der Arzt die Zusammensetzung der Nierensteine, kann er die Präventionsbehandlung genau daran anpassen.

Eine medikamentöse Steinentfernung (orale Chemolitholyse) gelingt in manchen Fällen bei Harnsäuresteinen in einer langwierigen Therapie über mehrere Monate mit dem Medikament Allopurinol (z. B. Zyloric®), das die Harnsäurebildung im Blut verringert.

Operative Behandlung

Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL). Dieser Eingriff ist heute bei ~ 90 % der Nierenstein-Behandlungen der häufigste. Hierbei liegt der Patient auf einem speziellen Behandlungstisch mit einer Aussparung, in der eine Ankopplung des Körpers an die Behandlungseinheit mittels schallleitenden Gels erfolgt. Unter kombinierter Röntgen-Ultraschall-Kontrolle kann der Stein lokalisiert werden. Die Schallwellen werden exakt auf die Körperstelle ausgerichtet, an der sich der Nierenstein befindet, sodass es in mehreren Sitzungen zur Zerkleinerung (Desintegration) des Steins kommt. Die Bruchstücke gehen danach problemlos über den Urin ab.

Ureterorenoskopie (URS). Nierensteine über 2 cm Größe, Nierensteine im Nierenbecken und Harnleitersteine müssen, wenn möglich, endoskopisch entfernt werden. Dazu wird das Endoskop zum Stein vorgeschoben, und zwar bei der Ureterorenoskopie (URS) über Harnröhre und Harnblase, bei der perkutanen Nephrolithotomie PNL alternativ durch einen Schnitt in der Haut. Mit Laser oder Ultraschall zerkleinert der Arzt dann den Stein und entfernt die Bruchstücke mit einer kleinen Schlinge oder Zange aus dem Harnleiter (Schlingenextraktion).

Offene Steinoperation. Bei kompletten Ausgusssteinen(d. h. einem Nierenstein, der das gesamte Nierenbecken und manchmal auch die Kelche komplett ausfüllt), gleichzeitigen Fehlbildungen oder sehr großen Harnleitersteinen, die endoskopisch nicht entfernt werden können, ist eine offene Steinoperation notwendig.

Prognose

  • 50 % aller Harnleitersteine < 5 mm gehen spontan ab. Sind sie größer als 6 mm, beträgt die Chance eines Spontanabgangs nur etwa 5 %.
  • Mehr als die Hälfte der Betroffenen entwickelt einen weiteren Nierenstein im Verlauf ihres Lebens, 10–20 % von ihnen sogar 3 und mehr.
  • Durch eine ESWL werden im Durchschnitt 73 % der Patienten steinfrei.
  • Bei der Ureterorenoskopie können je nach Methode bis 90 % der Nierensteine entfernt werden.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Oft reichen einfache Vorkehrungen, um eine Nierensteinbildung zu verhindern:

  • Trinken Sie täglich 2–3 l Flüssigkeit, am besten Wasser, Fruchtsäfte (außer Apfel- und Grapefruitsaft) sowie Kräutertees.
  • Sorgen Sie für einen möglichst stark verdünnten (hellen) Urin. Dazu können sie mit einem Urin-Teststreifen das spezifische Gewicht (= Konzentration) bestimmen. Es sollte den Wert von 1,010 g/l nicht überschreiten.
  • Trinken Sie schwarzen Tee und Alkohol nur in Maßen – diese Getränke entziehen dem Körper Wasser (umstritten ist aber der Rat, auch auf Kaffee zu verzichten).
  • Reduzieren Sie den Fleischkonsum und meiden Sie Innereien, wenn Sie zu Harnsäuresteinen neigen.
  • Meiden Sie Schokolade, Spinat und Rhabarber bei Kalziumoxalatsteinen.

Reichen diese vorbeugenden Maßnahmen nicht aus, gibt es verschiedene Medikamente, die die Neubildung von Nierensteinen erschweren, indem sie z. B. den pH-Wert des Urins so ändern, dass die steinbildenden Mineralien gelöst bleiben und nicht auskristallisieren.

Nierenverletzungen

Nierenverletzung (Nierentrauma): Sie treten besonders nach Einwirken stumpfer Gewalt auf, so bei Unfällen im Straßenverkehr. Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet, da bei ihnen die schützende Fettkapsel um die Nieren noch nicht voll ausgebildet ist.

Der Schweregrad einer Nierenverletzung reicht von einer Prellung bis hin zur völligen Zerstörung der Niere mit Abriss der Gefäße. Muss eine Niere entfernt werden und die andere funktioniert noch einwandfrei, kann der Patient nach der Genesung normal weiterleben.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schmerzen in der Nierengegend
  • Prellmarken an der Flanke, Bluterguss
  • Blut im Urin (bei 80 % der Betroffenen)
  • Schockzeichen wie Schwäche und Schwindel bei starker Blutung aus der geschädigten Niere.

Wann zum Arzt

Sofort den Notarzt rufen bei schweren Unfällen.

Gleich zum Arzt, sobald nach leichten Unfällen

  • Blut im Urin auftaucht
  • Schmerzen im Bereich der Nieren auftreten.

Die Erkrankung

90 % der Nierenverletzungen sind geschlossene Verletzungen, verursacht durch ein stumpfes Bauchtrauma, z. B. bei Auto-, Rad- oder Skiunfällen. Durch Aufprall oder Quetschung wird die Niere dabei im schlimmsten Fall regelrecht zum Bersten gebracht. In leichten Fällen bleibt die Organkapsel intakt, es bildet sich darunter ein Hämatom, was allerdings sehr schmerzhaft ist.

Geschlossene Nierenverletzungen entstehen auch durch Stürze aus großer Höhe oder wenn der Betroffene bei einem Unfall aus dem Wagen geschleudert wird: Hier ist der Hintergrund ein Dezelerationstrauma, bei dem die Niere aufgrund ihrer trägen Masse im beschleunigten Körper zurückbleibt.

Offene Verletzungen der Niere durch Schüsse oder Stichwunden sind in Deutschland selten.

Spätfolgen

Durch Narbenbildung und Gewebeverlust kann es nach einer Nierenverletzung zu zahlreichen Spätfolgen kommen. Typisch sind z. B.

  • Nierenarterienstenose durch Vernarbungen und Bindegewebsbildungen im Bereich der Nierenarterie. Nachfolgend kann sich dadurch ein renaler Bluthochdruck ausbilden
  • AV-Fisteln, indem Arterien und Venen beim Heilungsprozess in Kontakt kommen und sich dabei verbinden
  • Harnstau durch Narbenbildung im Bereich des Harnleiters
  • Abszesse durch Infektionen und entzündungsbedingte Abkapselungsprozesse.

Diagnosesicherung

Nach einem Unfall weisen Flankenschmerz, Prellmarken und Bluterguss auf eine Beeinträchtigung der Niere hin. Häufig kann der Arzt eine schmerzbedingte Abwehrspannung im Bereich der Niere tasten.

Laboruntersuchungen: Urinsediment, Blutbild, Kreatinin. Fehlendes Blut im Urin schließt eine Nierenverletzung nicht aus, da die ableitenden Harnwege nicht betroffen sein müssen!

Bildgebende Verfahren sichern eine Diagnose ab, z. B.

  • Ultraschall der Nieren zum Nachweis von Hämatom und Harnstau
  • Doppler zum Nachweis einer fehlenden Durchblutung
  • CT mit Kontrastmittel, evtl. Urogramm wenn kein CT zur Verfügung steht
  • Ist der Kreislauf des Patienten instabil, wird auf eine CT verzichtet und die Bauchhöhle in einer Operation sofort eröffnet (Laparotomie).

Behandlung

Prellungen der Niere müssen nicht operiert, aber sorgfältig überwacht werden. Bis der Urin aufklart, verordnet der Arzt zumeist Bettruhe. Währenddessen werden Blutbild, Blutdruck und Elektrolyte engmaschig überwacht, um eine innere Blutung nicht zu übersehen. Bei fallenden Hämoglobin-Wert, starken Schmerzen und Fieber muss der Arzt die Niere erneut mit Ultraschall oder CT auf ihren Zustand prüfen.

Wenn das Nierengewebe jedoch schwerer geschädigt ist oder die zu- und abführenden Gefäße gerissen sind, wird operiert. Wenn möglich, versucht der Chirurg, die betroffene Niere zu erhalten. Ist das Organ jedoch völlig zerstört (in ~ 15 % der Fälle), muss es entfernt werden.

Prognose

Die Prognose hängt von der Schwere der Nierenverletzung ab. In 15 % der Fälle ist das Organ so zerstört, das es entfernt werden muss.

Ihr Apotheker empfiehlt

Nehmen Sie Nierenschmerzen nach Unfällen immer ernst und suchen Sie einen Arzt auf. Er kann abklären, ob eine Nierenverletzung hinter den Beschwerden steckt.

Nierenversagen, akutes

Akutes Nierenversagen (akute Niereninsuffizienz, Schockniere, ANV): Plötzlicher Funktionsverlust beider Nieren bei vorher Nierengesunden. Durch das Nierenversagen wird zu wenig Flüssigkeit ausgeschieden und es sammeln sich harnpflichtige Abfallprodukte im Körper an. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von schwerem Schock über Nierenerkrankungen bis zu akuten Abflussstörungen in den Harnwegen.

Wird die Ursache des akuten Nierenversagens sofort beseitigt und der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stabilisiert, erholen sich die Nieren rasch wieder. Bleibt das akute Nierenversagen unbehandelt, droht die Zerstörung der Nieren mit Dialysepflicht. Gefährlich ist das akute Nierenversagen für Patient*innen, die bereits schwer krank sind: Von ihnen überlebt nur die Hälfte.

Symptome und Leitbeschwerden

Frühsymptome:

  • Häufig verminderte Harnausscheidung (unter 500 ml Urin pro Tag)
  • Selten vermehrte Harnausscheidung (über 2500 ml pro Tag).

Spätsymptome:

  • Starke Müdigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Juckreiz
  • Herzstolpern
  • Wassereinlagerungen im Körpergewebe (Ödeme)
  • Atemnot durch Flüssigkeit in den Lungen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • trotz normaler Trinkmengen von Woche zu Woche weniger Urin ausgeschieden wird und sich gleichzeitig Flüssigkeit im Körpergewebe einlagert.

In den nächsten Stunden, wenn

  • trotz genügender Flüssigkeitszufuhr die Urinmenge stark absinkt.
  • angstauslösendes Herzstolpern oder Atemnot auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Einteilung

Wird die Niere so stark geschädigt, dass es zu Oligurie oder Anurie kommt, wird der Körper in der Folge mit schädlichen Substanzen überschwemmt. Je nachdem, wo die Ursache für die Schädigung der Nieren liegt, wird das akute Nierenversagen unterteilt in prärenal (vor der Niere), renal (in der Niere) oder postrenal (nach der Niere).

Das prärenale akute Nierenversagen ist die häufigste Form. Alle massiven Störungen der Blutzirkulation (wie z. B. starker Blutverlust oder schwere Herzinsuffizienz) führen im Körper zum gleichen Ergebnis: Obwohl die Nieren und andere Organe bereits nicht mehr ausreichend durchblutet werden, verengen sie ihre zuführenden Gefäße, um das verbleibende Blut für die wichtigsten Körperorgane zu reservieren, also für Herz, Lunge und Gehirn. Wenn also starker Blutverlust, mangelnde Flüssigkeitsaufnahme, Blutvergiftung (Sepsis) oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz) die Nierendurchblutung unter den kritischen Blutdruckwert von 80 mmHg senken, bilden die Nieren kaum oder keinen Urin mehr, was zur Oligurie oder Anurie führt. Begünstigt wird diese Form des akuten Nierenversagens durch eine Arteriosklerose der Nierenarterien (besonders bei älteren Menschen) sowie durch die Einnahme bestimmter Schmerzmittel und Medikamente wie ACE-Hemmer.

Wird das Nierengewebe direkt geschädigt, liegt ein renales akutes Nierenversagen vor. Häufige Ursachen sind bereits bestehende Nierenkrankheiten wie die tubulo-interstitielle Nierenerkrankung, Glomerulonephritis, Gefäßentzündungen und der Verschluss von Nierenarterien oder -venen. Auch Medikamente und Chemikalien können das Nierengewebe direkt schädigen, so einige Antibiotika, Schmerzmittel (NSAR), Medikamente zur Krebsbehandlung (Zytostatika) und Röntgenkontrastmittel.

Wird der Abfluss der ableitenden Harnwege auf beiden Seiten plötzlich behindert oder unterbunden, führt das zu dem eher seltenen postrenalen akuten Nierenversagen. Bei chronischer Harnstauung in einem Nierenbecken erweitert sich dieses durch den nicht mehr abfließenden Urin und erdrückt förmlich das umgebende Nierengewebe, das dadurch abstirbt. Weitere Ursachen eines postrenalen Nierenversagens sind eine Prostatavergrößerung, Tumoren, die sich im Becken ausbreiten (z. B. beim Eierstockkrebs), oder beidseitige Nierensteine.

Diagnosesicherung

Bei der körperlichen Untersuchung fallen dem Arzt häufig niedrige Blutdruckwerte, Schwäche, Atemnot und Wassereinlagerungen auf. Blut- und Urinuntersuchungen geben ihm Hinweise auf die Restleistung der Nieren. Untersucht werden insbesondere

  • Urinsediment und Urinkultur
  • 24-Stunden-Sammelurin
  • Kreatinin, Elektrolyte und Eiweiß im Urin
  • Labor: u. a. Blutbild, Elektrolyte, Cystatin C, Harnsäure, Eiweiß, CRP, Gerinnungsstatus

Da beim akuten Nierenversagen die Nieren oft vergrößert sind, untersucht sie die Ärzt*in per Ultraschall. Auch Nierensteine und andere Behinderungen des Urinabflusses kann er dabei gut erkennen. Bei speziellen Fragen veranlasst die Ärzt*in manchmal eine CT, eine MRT und evtl. auch eine Biopsie.

Bei Patient*innen, die während eines Krankenhausaufenthalts ein akutes Nierenversagen entwickeln, fahndet die Ärzt*in nach möglichen Ursachen des Nierenversagens wie z. B.

  • Blutdruckabfälle während einer Vollnarkose oder einem kardiogenem Schock
  • Kontrastmittelgaben
  • Antibiotikatherapie.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt im Krankenhaus. Dort wird die Ursache festgestellt und möglichst beseitigt, etwa durch

  • Das Entfernen von Nierensteinen
  • Das Legen eines Blasenkatheters
  • Bluttransfusionen
  • Das Absetzen verdächtiger Medikamente
  • Immunsuppression (z. B. bei Glomerulonephritis)
  • Revaskularisation einer Nierenarterienstenose.

Parallel werden Blutdruck sowie Wasser- und Elektrolythaushalt des Patienten stabilisiert und engmaschig überwacht. Je nach Ursache setzen die Ärzt*innen beim akuten Nierenversagen auch Diuretika ein, z. B. bei starker Überwässerung der Patient*in im Fall eines Lungenödems oder einer Herzinsuffizienz.

Weitere Maßnahmen

  • Kontrollierte Flüssigkeitszufuhr. Solange die Urinausscheidung nicht ausreichend ist, muss die Flüssigkeitszufuhr (Trinkmenge) reduziert werden. Zur Kontrolle wird die Patient*in täglich gewogen und sein Blutdruck überwacht. Die starke Einschränkung der Trinkmenge führt beim Patient*in zu großem Durst – hier bringt eine sorgfältige Mundhygiene mit häufigem Ausspülen Erleichterung.
  • Kontrollierte Ernährung. Eine kohlenhydratreiche, eiweiß- und salzarme Ernährung entlastet die Nieren und damit den ganzen Körper von harnpflichtigen Stoffen (Substanzen, die über den Urin ausgeschieden werden). In schweren Fällen des akuten Nierenversagens erfolgt die Ernährung parenteral, also über eine Infusion.
  • Blutwäsche. Verschlechtert sich die Nierenfunktion trotz der Behandlung, muss sich die Patient*in einer Dialyse unterziehen.

Diuretika

Hoch dosierte Diuretika (harntreibende Mittel, Medikamente zur Entwässerung) kurbeln die Urinproduktion an. Diese Arzneimittelgruppe entfaltet ihre Wirkung in den Nieren und befördert über verschiedene Mechanismen Salz und Wasser aus dem Körper. Diuretika werden bei Herzkrankheiten, insbesondere Herzinsuffizienz, bei Bluthochdruck, Ödemen, Leber- und Nierenkrankheiten eingesetzt.

Hinweis: Diuretika erhöhen zwar die Urinausscheidung, sie können aber nicht die Nierenfunktionen verbessern oder ein fortschreitendes Nierenversagen aufhalten.

Diuretika bringen die körpereigene Feinjustierung der Ausscheidung von Mineralien durcheinander. Deshalb kontrolliert die Ärzt*in je nach Art und Dosierung des verordneten Diuretikums die Mineralkonzentration im Blut täglich, wöchentlich oder monatlich, um frühzeitig einen Mangel oder Überschuss im Blut zu erkennen. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Kalium. Je nach Präparat und Begleiterkrankungen werden zusätzlich die Natrium- und Kalziumspiegel überwacht.

Abhängig von ihrer Wirkung werden Diuretika in drei Gruppen eingeordnet:

  • Thiazide hemmen die Rückresorption von Natrium und Chlor aus dem Primärharn in den Körper, sodass diese in Form von Salzen vermehrt über den Urin ausgeschwemmt werden. Diese Salze "ziehen" Wasser mit sich, sodass sich sowohl Blutdruck als auch eventuell vorhandene Ödeme verringern. Die Urinmenge steigt nur mäßig. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Magnesium- und Kaliummangel, Anstieg von Blutzucker, Harnsäure und Blutfetten. Thiazide kommen vor allem bei der Behandlung von Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz zum Einsatz, oft in Kombination mit anderen Wirkstoffen.
    • Beispiele: Hydrochlorothiazid (z. B. HCT beta®, Esidrix®, HCT-Hexal®), Xipamid (z. B. Xipamid-ratiopharm®, Aquaphor®).
  • Schleifendiuretika wirken ähnlich wie die Thiazide, jedoch viel stärker, sodass sie auch bei fortgeschrittenem Nierenversagen eingesetzt werden. Schleifendiuretika dienen dazu, schnell viel Wasser aus dem Körper zu schwemmen, z. B. beim Lungenödem. Die Nebenwirkungen ähneln denen der Thiazide. In der Praxis ist vor allem der oft starke Kaliumverlust nachteilig. Zusätzlich sind Kalziummangel und vorübergehende Hörminderungen möglich.
    • Beispiele: Furosemid (Furosemid-ratiopharm®, Furesis® comp, Furobeta®, Furogamma®, Lasix®); Piretanid (z. B. Piretanid Hexal®, Arelix®); Torasemid (z. B. Torem®, Unat®); Thiazide und Schleifendiuretika werden manchmal gemeinsam eingesetzt.
  • Kaliumsparende Diuretika: Wie der Name bereits sagt, vermindern diese Diuretika den Kaliumverlust. Bei vielen Patient*innen kommt es sogar zu einem Kaliumüberschuss. Da sie alleine nur schwach wirken, kombiniert man sie meist mit anderen Diuretika. Nebenwirkungen sind Brustvergrößerung beim Mann (Gynäkomastie), Übelkeit, erektile Dysfunktion und die Anreicherung von Kalium. Deshalb werden sie beim fortgeschrittenen akuten bzw. chronischen Nierenversagen nicht mehr eingesetzt. Die klassische Indikation der kaliumsparenden Diuretika ist die chronische Herzinsuffizienz. Hier werden sie oft gemeinsam mit Thiaziden verwendet.

  • Beispiele: Spironolacton (z. B. Aldactone®, Spirobeta®); Triamteren (z. B. Neotri®, Dytide® H); Amilorid (z. B. Amilorid HCT AL®, Amilorid comp.-ratiopharm®).

Prognose

50 % der betroffenen Patient*innen versterben, zumeist an der auslösenden Grunderkrankung wie Schock oder Sepsis. Bei den überlebenden Patient*innen erholt sich die Nierenfunktion innerhalb von 2 bis 3 Wochen, bei jedem 2. bleiben Nierenschäden zurück. Bis zu 10 % der Patient*innen, die ein akutes Nierenversagen überleben, entwickeln eine chronische Niereninsuffizienz oder werden dialysepflichtig.

Ihr Apotheker empfiehlt

Das akute Nierenversagen muss immer ärztlich behandelt werden.

Nierenversagen, chronisches

Chronisches Nierenversagen (chronische Niereninsuffizienz, CNI): Über Jahre hinweg fortschreitender Verlust der Nierenfunktionen als Folge einer chronischen Grunderkrankung (z. B. Diabetes, Bluthochdruck). In einem frühen Stadium kann die weitere Zerstörung von Nierengewebe manchmal verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. In den meisten Fällen führt das chronische Nierenversagen aber zum völligen Ausfall der Nieren (terminale Niereninsuffizienz) und damit zur Nierenersatztherapie wie z. B. der Dialyse oder der Nierentransplantation.

Wird das Endstadium eines chronischen Nierenversagens, die Urämie (Vergiftung des Körpers durch harnpflichtige Stoffe), nicht behandelt, verstirbt der Patient daran.

Symptome und Leitbeschwerden

Alle Beschwerden sind stark vom Stadium des Nierenversagens abhängig, die meisten Symptome treten erst spät im Krankheitsverlauf auf.

Im Anfangsstadium:

  • Vermehrte Urinausscheidung und nächtliches Wasserlassen (Nykturie).

Bei fortgeschrittener Erkrankung:

  • Von Monat zu Monat immer weiter absinkende Urinmenge
  • Müdigkeit und Leistungsminderung
  • Ödeme in den Beinen, Händen oder im Gesicht
  • Kopfschmerzen und Schmerzen in der Nierengegend
  • Starker Juckreiz am ganzen Körper
  • Blasse oder gelblich braune Hautfarbe
  • Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, übler Mundgeruch (riecht nach Ammoniak), quälendes Durstgefühl
  • Erektionsstörungen trotz sexueller Erregung
  • V. a. beim Einschlafen "unruhige Beine" (Restless-Legs-Syndrom), Muskelzuckungen.

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • eine oder mehrere der genannten Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Ursachen

In bis zu 40 % der Fälle ist eine diabetische Nephropathie die Ursache. Diabetiker sind außerdem besonders gefährdet, da bei ihnen das Nierenversagen besonders rasch voranschreitet. So erklärt sich auch, weshalb fast die Hälfte aller Dialyse-Patienten Diabetiker sind. Andere häufige Ursachen des chronischen Nierenversagens sind Schäden durch einen Bluthochdruck oder nicht ausgeheilte bzw. immer wiederkehrende Entzündungen von Niere und Nierenbecken, allen voran die Glomerulonephritis oder die akute Nierenbeckenentzündung. Sie führen unbehandelt und oft selbst unter optimaler Therapie zum Nierenversagen. Die übrigen Fälle des chronischen Nierenversagens sind weniger eindeutig einzelnen Ursachen zuzuordnen; so spielen Medikamentenmissbrauch wie der von Schmerzmitteln (NSAR), aber auch die nachlassende Nierenleistung im hohen Lebensalter eine Rolle.

Verlauf

Das Endstadium der aufgeführten Erkrankungen sind Schrumpfnieren, deren Gewicht dann einseitig oder beidseitig nur noch bei einem Bruchteil ihres Normalgewichts liegt. So kennt man eine glomerulonephritische, pyelonephritische oder vaskuläre Schrumpfniere. Manchmal ist die zugrunde liegende Ursache wegen des fortgeschrittenen entzündlich-narbigen Umbaus des Nierengewebes nicht mehr eindeutig feststellbar.

Schweregrade

Da der Schweregrad des chronischen Nierenversagens von "fast harmlos" bis "unbehandelt in wenigen Tagen tödlich" reicht, hat sich die Einstufung des chronischen Nierenversagens in vier Stadien bewährt, abhängig von der Restleistung der Nieren. Diese wird anhand der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) bestimmt.

  • Stadium I: Beginnendes Nierenversagen, GFR 60–89 ml/min; kaum Beschwerden; Behandlung von Risikofaktoren wie Diabetes und Bluthochdruck
  • Stadium II: Mittelschweres Nierenversagen, GFR 30–59 ml/min; allgemeine Beschwerden wie Müdigkeit, Leistungsminderung und Bluthochdruck; bei gezielter Behandlung Heilung noch möglich
  • Stadium III: Schweres Nierenversagen, GFR 15–29 ml/min; zusätzliche Beschwerden wie Ödeme, Übelkeit, Erbrechen und Juckreiz; vorübergehende Besserung durch gezielte Behandlung möglich, bei unzureichender Behandlung oder Niereninfektion droht rasches Fortschreiten
  • Stadium IV: Terminales Nierenversagen, GFR < 15 ml/min; zusätzliche Beschwerden wie Ödeme, Übelkeit, Erbrechen und Juckreiz; Nierenersatztherapie: Dialyse oder Nierentransplantation.

Komplikationen

Häufig treten Störungen der Blutelektrolyte (vor allem von Kalium und Natrium) sowie Schwankungen im Säure-Basen-Haushalt auf.

Die Niere ist nicht nur ein Ausscheidungsorgan, sondern hat auch hormonelle Aufgaben. Durch den Mangel von Erythropoetin droht die renale Anämie, durch verminderte Bildung von Calcitriol eine Knochenerweichung.

Diagnosesicherung

Hat der Erkrankte Diabetes oder Bluthochdruck, überprüft der Arzt regelmäßig die Nierenfunktion durch Urin- und Blutuntersuchungen.

Die wichtigsten Untersuchungen sind dabei

  • Kreatinin, Elektrolyte und Eiweiß im Urin
  • Labor: u. a. Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Cystatin C, Harnsäure, Eiweiß, CRP, Gerinnungsstatus

Mithilfe des Ultraschalls beurteilt er die Größe der Nieren (verkleinerte Nieren oder auch Schrumpfnieren sind typisch für das chronische Nierenversagen).

Patienten mit bekanntem chronischen Nierenversagen werden vom Arzt ebenfalls engmaschig im Hinblick auf die Nierenleistung überprüft. Wichtigste Blutwerte sind dafür Harnstoff und Kreatinin.

Behandlung

Um das Fortschreiten des chronischen Nierenversagens hinauszuzögern, müssen möglichst alle schädlichen Einflüsse auf die Nieren ausgeschaltet werden:

  • Strenge Blutdruckeinstellung auf systolische Blutdruckwerte unter 140 mmHg (bei einer Eiweißausscheidung von >1 g/Tag systolischer Blutdruckwert unter 130 mmHg). Die Therapie sollte einen ACE-Hemmer oder einen AT1-Antagonisten beinhalten, da diese Medikamente eine nierenschützende Wirkung haben.
  • Frühzeitige Behandlung von Harnwegsinfekten mit Antibiotika, da Harnwegsinfekte die Zerstörung der Nieren beschleunigen.
  • Strikte Vermeidung von NSAR und anderer nierengefährdender Medikamente wie Aminoglykoside, Aciclovir oder Cisplatin
  • Nikotinabstinenz.

Weitere Maßnahmen sind:

  • Ausgeglichene Flüssigkeitszufuhr, Trinkmenge etwa 2 Liter/Tag (mehr dazu unter "Ihr Apotheker empfiehlt")
  • evtl. Kochsalz-Restriktion bei Ödemen und/oder Hypertonie.
  • evtl. Diuretika (bei Ödemen)
  • Kaliumarme Diät, bei Hyperkaliämie Kaliumbinder (z. B. Patiromer, wie Veltassa®)
  • Erythropoetin sowie Eisentabletten zur Behandlung der Anämie und um einen Hämatokritwert (Anteil der festen Blutbestandteile am Gesamtblut) von mindestens 30 % zu halten
  • Vitamin D um einer Knochenerweichung vorzubeugen.

Kommt es trotz der Behandlung zu einer immer weiter absinkenden Nierenfunktion, wird der Patient dialysepflichtig. Je nach Grunderkrankung ist auch eine Nierentransplantation denkbar, aufgrund der wenigen Spenderorgane aber häufig nicht realisierbar.

Ihr Apotheker empfiehlt

Ernährung. Nierenpatienten müssen bei der Ernährung auf einige Grundregeln achten: So muss die Eiweißzufuhr (Fleisch, Milchprodukte) reduziert werden, da diese die Niere weiter schädigen kann. Die tägliche Ration sollte nicht mehr als 0,6–0,8 g/kg Körpergewicht betragen. Gleichzeitig müssen aber genug Kalorien (30–35 kcal pro kg Körpergewicht) zugeführt werden. Ob die Aufnahme von Salz reduziert werden muss, rät der Arzt individuell. Diese Ernährungsweise ist sehr schwer durchzuhalten, da das Essen als wenig schmackhaft empfunden wird und die Betroffenen meist keinen Appetit haben. Zudem hat diese Diät nur einen schwachen Effekt: Die Erkrankung schreitet dennoch weiter voran. Viele Patienten halten sich nicht an die Diätempfehlung, weil sie sich eine gewisse Lebensqualität erhalten möchten.

Trinkmenge. Der Patient muss seine Trinkmenge an die Flüssigkeitsmenge anpassen, die als Urin wieder ausgeschieden wird: Solange die Urinmenge noch normal ist, gilt es, viel zu trinken; sobald die Urinmenge absinkt, muss weniger getrunken werden, und kurz vor der Dialysepflicht und auch währenddessen ist die Trinkmenge strikt zu beschränken. Möglicherweise sind bei Begleiterkrankungen Abweichungen von dieser Strategie angezeigt.

Therapie- und Ernährungsprogramm werden an die individuellen Lebensgewohnheiten des Erkrankten angepasst. Dies erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient. Ab dem Stadium III des chronischen Nierenversagens ist es wichtig, dass der Patient seinen "Bewässerungszustand" eigenständig überwacht. Seine Tagesration an benötigter Trinkmenge legt er fest, indem er sich jeden Morgen wiegt. Das hilft, das Fortschreiten des Nierenversagens zu verzögern.

Medikamente. Die Dosis aller Medikamente, deren Abbauprodukte über die Nieren ausgeschieden werden, muss dem Zustand der Nieren angepasst werden. Vor jeder Medikamentenverordnung muss der Arzt daher auf ein bestehendes Nierenversagen hingewiesen werden! Dies gilt auch für geplante Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmitteln, um die erhöhte Gefahr eines akuten Nierenversagens zu vermeiden.

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